Die britische Grunge-Institution liefert ihr reifstes, ehrlichstes Werk – zwischen Sturm, Stille und Selbstvergebung.
Drei Jahrzehnte nach ihrem Debüt wirkt Gavin Rossdale von BUSH wie ein Mann, der endlich Frieden mit sich geschlossen hat zumindest für den Moment. I Beat Loneliness, das neue Album von Bush (VÖ: 18. Juli 2025 über earMUSIC), ist keine Heldengeschichte, sondern ein ehrlicher, manchmal schmerzhafter Blick auf das, was bleibt, wenn der Lärm draußen verstummt: Einsamkeit, Selbstzweifel, aber auch Würde, Widerstandskraft – und eine Stimme, die all das in Musik verwandelt.
Der Opener „Scars“ setzt den Ton: Ein brodelndes Riff, Rossdales zerbrechlich-verrauchte Stimme, dann dieser Refrain, der wie eine Wunde klingt, die man nicht mehr verstecken will. “Scars are angels written on your body” – eine Zeile, die sich sofort einbrennt. Es ist ein kraftvoller Auftakt, und der Rest des Albums hält dieses Niveau erstaunlich konsequent.
Bush haben schon oft versucht, sich neu zu erfinden, mal mit Industrial-Flirt (Black and White Rainbows), mal mit wuchtigem Post-Grunge (The Kingdom). Doch diesmal gelingt ihnen etwas Besseres: Sie klingen nicht neu, sondern authentisch und relevant. Die Songs auf I Beat Loneliness sind weniger stilistisch revolutionär als emotional kompromisslos.
Die erste Single „60 Ways To Forget People“ – ein bittersüßer Song über Trennung, Herzschmerz und Transformation– glänzt mit einer Hookline, die gleichzeitig hymnisch und gebrochen wirkt. In „The Land Of Milk And Honey“dominiert ein düsterer Industrial-Groove, der entfernt an Nine Inch Nails erinnert, aber nie die melodische Klarheit verliert, für die Bush seit „Sixteen Stone“ bekannt sind.
Der vielleicht stärkste Moment kommt jedoch mit dem Titeltrack. „I Beat Loneliness“ ist keine Selbstbeweihräucherung, sondern ein trotziges Mantra, das zwischen verzerrten Gitarrenriffs und einem fast euphorischen Refrain pendelt. Rossdale singt, als würde er gegen seine eigenen Schatten ansingen und man glaubt ihm jedes Wort.
Produziert von Gavin Rossdale und Erik Ron (u. a. für The Art of Survival, Panic! At the Disco), klingt das neue Bush-Album rund, dicht – wie eine Band, die keine Trends mehr jagen muss. Rossdale, längst zur Grunge-Ikone wider Willen gereift, hat verstanden, dass Relevanz nicht im Zeitgeist liegt, sondern im eigenen Ausdruck.
Beeindruckend ist auch, wie Rossdale über das eigene Scheitern singt. In „We Are Of This Earth“ mit fast flüsternder Reue, in „Rebel With A Cause“ mit glühendem Trotz. Immer wieder tauchen Themen wie mentale Gesundheit, innere Kämpfe und Selbstreflexion auf.
I Beat Loneliness ist kein Alterswerk, sondern ein Werk des Erwachsenwerdens. Vielleicht sogar das beste Bush-Album seit „Razorblade Suitcase“. Es ist laut, verletzlich, ungeschönt und in seiner schonungslosen Ehrlichkeit tief bewegend.


