Wenn ein Name wie Billy Idol auf einem Konzertplakat auftaucht, wird man kurz hellhörig. Und spätestens wenn klar ist, dass der britische Punkrock-Veteran im Sommer 2025 auf dem ehrwürdigen Königsplatz in München spielt, wächst die Vorfreude. Bereits im Winter stand der Termin fest – am 27. Juni sollte es so weit sein. Und ja, natürlich wollte man dabei sein, wenn ein echtes Stück Rockgeschichte die Bühne betritt.
Über Billy Idol könnte man Bücher füllen. Der einstige Posterboy der rebellischen 80er-Jahre hat ein Leben geführt, das in vielen Momenten eher nach Selbstzerstörung als nach Karriere aussah. Doch Idol ist ein Stehaufmännchen – vielleicht das Stehaufmännchen der Rockgeschichte. Und so ist es fast schon ein kleines Wunder, dass der Mann mit der ikonischen Platinfrisur auch 2025 noch Konzerte gibt. Seine bewegte Vergangenheit, seine Höhen und Tiefen, verarbeitet der Musiker in seinem aktuellen Album „Still Dancing“ – einem Werk, das nicht nur musikalisch überzeugt, sondern auch autobiografisch an Tiefe gewonnen hat (wir berichteten im April).
Der Auftritt in München war Teil des Königsplatz Open Air, das auch in diesem Jahr wieder ein sorgfältig kuratiertes Programm mit hochkarätigen Künstler*innen in einer der schönsten Open-Air-Locations der Stadt bot. Bereits 2023 war das Gelände unser Ziel, damals für Slipknot, und so fanden wir uns auch diesmal schnell zurecht.
New Model Army als Support – ein schwerer Stand mit Stil
Als Support hatte Billy Idol niemand Geringeren als New Model Army eingeladen, eine durchaus ehrwürdige, aber stilistisch andere Band. Die Zuschauer*innen zeigten sich anfangs eher reserviert, doch das tat dem kraftvollen Auftritt der Briten keinen Abbruch. Positiv überrascht waren vor allem die Fotografen: Keine Begrenzungen, keine Drei-Song-Regel: man durfte das komplette Set fotografieren, und das aus jeder erdenklichen Position. Ein absoluter Ausnahmefall bei einem Act dieser Größenordnung.
Das Set von New Model Army dauerte rund 45 Minuten und enthielt alle essenziellen Klassiker der Band. Gegen Ende taute auch das Publikum auf – der Applaus wurde lauter, die Stimmung gelöster. Trotzdem: Es war spürbar, dass viele auf genau einen Mann warteten.
Nach dem Support hieß es für alle mit Kamera: raus aus dem Graben, rein ins FoH. Leider war dieser Platz weit vom Bühnengeschehen entfernt, sodass man für brauchbare Bilder schon sehr lange Objektive benötigte. Wer aber gut vorbereitet war, kam trotzdem auf seine Kosten.
Billy Idol – ein ikonisches Zeitfenster in die 80er
Dann, Punkt 21:00 Uhr: Die Bühne wurde dunkel, ein Raunen geht durch die Menge – Billy Idol betritt das Rampenlicht. Mit „Still Dancing“ eröffnet er sein Set, und dieser neue Song funktioniert erstaunlich gut als Opener. Direkt danach folgen mehrere seiner größten Hits – damit war so früh am Abend nicht unbedingt zu rechnen.
Was sofort auffällt: Billy Idol wirkt auf der Bühne deutlich jünger, als es sein Ausweis vermuten lässt. Er interagiert mit seinen Bandkollegen, spielt mit dem Publikum, wirbelt über die Bühne wie ein Frontmann in seinen Vierzigern. Songs wie „Cradle of Love“ oder der Synthrock-Kracher „Flesh for Fantasy“ bringen die Menge endgültig zum Kochen. Das Münchner Publikum ist bunt gemischt, von 20 bis 60 ist alles dabei, und gemeinsam feiert man die Illusion, als wäre man zurück in einer Zeit, in der MTV noch Musikvideos spielte und Lederjacken Pflicht waren.
Stimmlich zeigte sich Idol solide. Klar, die Höhen sind nicht mehr ganz so spitz wie früher, aber das ist nebensächlich – die Energie, das Charisma und die ikonische Präsenz stehen im Vordergrund. Jeder Song wirkte wie ein Zeitfenster, durch das man für ein paar Minuten zurück in die Ära von Rebellion, Nietengürtel und Neonfarben blicken darf.
Ein Abend für die Nostalgie – und das Hier und Jetzt
Als „Eyes Without A Face“ durch das Gelände hallte, wurde endgültig klar, dass dieser Abend ein besonderer war. Ein Abend für Erinnerungen, für das Lebensgefühl einer Generation – aber auch ein Abend, der zeigte, dass gute Musik kein Verfallsdatum kennt.
Als Fotograf endete mein Abend etwas früher – streng abgeschirmt mussten wir das Gelände nach der ersten Hälfte des Konzerts verlassen. Doch auch von außerhalb ließ sich die Show noch erstaunlich gut verfolgen. Und so verabschiede ich mich leise von einem Künstler, der ein ganzes Genre geprägt hat – und auch heute noch mehr liefert als bloße Nostalgie.
Danke, Billy. Und hoffentlich bis bald.
Billy Idol
New Model Army
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