Vor 26 Jahren starteten die Kalifornier von PENNYWISE ihre „Deconstruction Tour“ und tourten von 1999 bis 2006 als Tagesfestival jedes Jahr durch Europa. Um dieses zu feiern und wieder aufleben zu lassen, sind die Melodic Hardcore Urgesteine 2025 mir der Reconstruction Tour wieder auf Achse. Als Unterstützung haben sie sich ordentlich Punk und Hardcore mit ins Boot geholt, das Line-Up für dieses Jahr bestand aus Dead Pioneers, The Iron Roses, Comeback Kid und Propagandhi.
Bei so viel Action war der Einlass am 25.05.2025 im Schlachthof Wiesbaden schon um 17:00 Uhr und Dead Pioneers eröffneten schon eine halbe Stunde später den Abend.
Das Quintett aus Denver ist noch recht frisch (2023 erschien ihr Debütalbum), aber machen langsam auf sich aufmerksam durch ihren komplett einzigartigen Stil, der sich aufgrund von Sänger Greg Deals Wurzeln. Er stammt vom Stamm der Pyramid Lakre Paiute, als indigenen Punk bezeichnet, aber auch viele Spoken Word Parts beinhaltet.
Ein Mix von Rage against the Machine bis Johnny Cash und Public Enemy und alles dazwischen, ergibt sich ihr völlig eigenständiger Sound. Die Band macht kritische Lyrics, sowohl soziale Themen, als auch die Probleme der indigenen Bevölkerung der USA sind Themen. Ich muss zugeben, ich musste mich erst an diesen Stil gewöhnen, da schnelle Punknummern und langsame Spoken Words Songs eine für mich ungewöhnliche Mischung sind, aber dennoch waren Dead Pioneers eine neue Entdeckung und ich werde die Band auf jeden Fall weiter verfolgen. Nach ca. 30 Minuten war ihr Set beendet.
Zweite Band des Abends war The Iron Roses, das Projekt von Nat Grey, ehemals bei Boysetsfire am Mikrofon. Punkrock mit Poppunkigem Einschlag, aber nicht minder kritischen Themen, als der „klassische“ Punkrock. Mit Co-Vocalistin Becky Fountaine hat die Band gleich zwei charismatische Frontpersonen und -stimmen, aber Becky und Nat harmonieren extrem gut, sowohl stimmlich als auch in der Bühnenpräsenz.
Obwohl die Texte der Roses überwiegend sehr kritisch sind, ist in ihrer Musik viel weniger Aggressivität als üblich im Punk, mit mitsingbaren Refrains. Da auch Boysetsfire schon immer ein volles Haus garantiert haben, ist ein Großteil der Fans eben auch für The Iron Roses und Nat Grey da und die Band wurde gefeiert und umjubelt. Besonderes Highlight, des mit 30 Minuten leider etwas kurzem Set, ist, als beim letzten Song Becky und Nat ins Publikum gehen und jeden der möchte umarmen und mitsingen lassen. Ganz großes Kino und Gänsehaut.
Anschließend war mit Comeback Kid der härteste Act auf der Bühne. Die Kanadier, die schon seit 2002 aktiv sind, sind bekannt für ihren harten und schnellen Sound ohne Kompromisse. Die Band rund um Sänger Andrew Neufeld legt auch direkt mit der Action los und spielten eine Setlist quer durch die Bandgeschichte. Andrew findet man sehr oft, wie üblich unten an der Absperrung, um mit den Fans zu feiern und zu singen. Das schafft eine besondere Fannähe und neben der Musik ein Grund, warum Comeback Kid so beliebt ist.
Bei diesem Set sind auch die größten Mosh- und Circlepits des Abends zu finden, ebenso wie Crowdsurfer. Die Security hatte alle Hände voll zu tun, aber wie gewohnt war alles friedlich und einfach eine große Party. Auch hier gibt es nach schon 30 Minuten das große Finale mit „Wake the Dead“, bei dem Andrew erneut unten an der Barrikade steht und ein letztes Mal für diesen Abend mit den Fans feiert.
Vorletzte Band sind die legendären, ebenfalls aus Kanada stammenden, Propagandhi. Die Band wurde von niemand geringerem als NOFX Bassist Fat-Mike entdeckt und gefördert. Und zwar schon 1993, wobei sich die Band bereits 1986 gründete und somit schon wirklich lange aktiv und einen gewissen Legendenstatus in einigen Kreisen haben.
Propagandhis Sound hat sich in so vielen Jahren natürlich auch sehr gewandelt, vom anfänglichen Punk und Hardcore hin zu einem progressiven Punk / Thrash / Rock Mix. Da die Band auch aktive Unterstützer von Organisationen wie PETA oder Sea Shepherd sind, verarbeiten sie in ihren Texten Themen wie Tierrechte, Antifaschismus und auch sozialkritische Themen. Mir persönlich sagte der Sound aufgrund seiner Komplexität nicht zu 100 % zu, aber das Quartett aus Kanada spielte eine sehr gute Show und wurde von den Fans ebenfalls sehr gefeiert.
Und last but not least und nach einem sehr langen Intro betraten die Südkalifornier von Pennywise die Bühne. Obwohl seit 2018 kein neues Album mehr erschienen ist, wird die Band trotzdem gefeiert und viele haben darauf gewartet, eine der erfolgreichsten Melodic Hardcore / Skatepunk Bands mal live zu erleben. Die Setliste war auch eher auf die frühere Schaffensphase der Band angelegt. Die meisten Songs sind vor der Jahrtausendwende erschienen, dies tat der Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil, es wurde so ziemlich jeder Song lautstark mitgesungen und mitgefeiert, inklusive Mosh- und Circlepits.
Wie nicht anders zu erwarten, gab es neben politischen Ansagen, eben auch viel Humor von Sänger Jim Lindberg. Das obligatorische Cover war diesmal ein Medley von NOFX. „Bob“, „Kill all the white men“ und „The Brews“ wurden hier mit viel Humor und der „Drohung“, dass Pennywise nun als NOFX-Coverband weitermachen, geboten und unterstrich die langjährige Freundschaft dieser zwei Bands. Nach einer punkigen Version von „Stand by me“, die ebenfalls lautstark mitgefeiert wurde, verabschiedete sich das Quartett vorerst von der Bühne. Selbstverständlich fehlten aber noch zwei absolute Klassiker und Songs, die jeder Punkfan kennt und die wurden dann als Zugabe selbstverständlich noch gespielt.
Mit der Ankündigung, nun spielt Pennywise den Song „Pennywise“ vom Album „Pennywise“ wurde sich thematisch mit der literarischen Figur und Namensgeber für Song, Album und Band von Stephen Kings „Es“ beschäftigt. Und zum Abschluss wurde die Hymne auf Bruder- und Freundschaft und Hommage an den früh verstorbenen ehemaligen Bassisten Jason Thirsk gespielt. Das ikonische „ooooh“ von Bro Hymn wurde minutenlang von den Fans angestimmt, bevor die Band mit Einstieg und während des Songs die anderen vier Bands ebenfalls die Bühne betraten, um diesen Abend gebührend zu beenden. Diesen Song mal live zu erleben ist ein absolutes Gänsehauterlebnis und jedem Fan zu empfehlen.
Obwohl ich zugeben muss, dass ich mehr als drei Bands oft als sehr anstrengend empfinde, ging der Abend im Flug vorbei. Alle Bands waren richtig gut und haben mich zum Großteil auch sowohl musikalisch als auch von ihrer Bühnenpräsenz sehr angesprochen. Da bleibt nur zu hoffen, dass die Reconstruction Tour nun auch wieder regelmäßig durch Europa tourt und immer wieder solche Line-ups zusammen stellt.
Pennywise
The Iron Roses
The Comeback Kid
Propagandhi
Dead Pioneers